Lokale Autonomie oder kommunale Selbstverwaltung
Die kommunale Selbstverwaltung ist meiner Meinung nach ein echter Exportschlager der Bundesrepublik Deutschland, die bekanntermaßen ja ein föderales Staatssystem darstellt. Und dieser Föderalismus ist auch, um es gleich zu Beginn dieses Artikels zum Ausdruck zu bringen, eine wichtige Voraussetzung für die kommunale Selbstverwaltung. Es gibt momentan keine Dreiteilung des Staatenaufbaus, also Bund-Land-Gemeinden, in Deutschland. Vielmehr handelt es sich bei der Gemeindeebene um eine mittelbare Landesverwaltung. Dennoch ist diese gemeindliche Ebene durch die sogenannten kommunale Selbstverwaltung grundgesetzlich geschützt. Aber eben nicht in allen Belangen.
Genau diese Tatsache hat auch dazu geführt, dass viele Gemeinden inzwischen übermäßig verschuldet sind, denn in den letzten Jahren wurden mehr und mehr Aufgaben von der Landes- auf die Gemeindeebene verlagert, ohne dass für die zusätzlichen Aufgabenstellungen die entsprechenden notwendigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt wurden. Und das, obwohl es klare gesetzliche Regelungen dazu gibt und das von höchsten Gerichten (z. B. unter dem Suchbegriff Konnexität). Leider ist es immer noch so, dass sich die Landesregierungen nicht in der Lage sehen, die von ihnen auf Gemeindeebenen verlagerten Aufgaben vollständig finanziell auszugleichen. Das hat unterschiedliche Gründe; wichtig ist, dass die Länder gesetzlich aber zu einem vollständigen Kostenausgleich gezwungen sind. Natürlich liegt es dann auch an den Gemeinden selbst, wenn sie nicht gegen diesen Rechtsbruch klagen, denn schließlich sind sie es ja letzten Endes, die in der Folge des Ausbleibens der Konnexität und damit ohne eigenes Verschulden in eine immer aussichtslosere finanzielle Situation manövriert werden. Erst unlängst (14.2.2012) hat der Landkreis Neuwied in Rheinland Pfalz in dieser Angelegenheit ein spektakuläres Urteil des obersten Gerichtes in dieser Angelegenheit, dem Verfassungsgerichtshof Rheinland Pfalz, errungen (VGH N3/11). Das Gericht gab dem Land in seinem Urteil bis zum Jahr 2015 Zeit, um dann dafür Sorge zu tragen, dass die Kommunen – hier also der Landkreis Neuwied – wieder zu einem ausgeglichenen Haushalten gelangen. Man wird also sehen ob das so ausgeführt wird.
Im gegebenen Kontext möchte ich jetzt aber nicht das Thema deutsche kommunale Selbstverwaltung vertiefen. Dazu gibt es mehr als ausreichend Literatur für Interessierte, um sich darüber eingehend zu informieren.
Hier soll vielmehr die auf Wohn- und Lebensgemeinschaften, eben Kommunen, eingegangen werden, die im Sinne einer Vernetzung zusammen mit den hier dargestellten vier weiteren Vorgehensweisen, eine neue, andere demokratische Gesellschaft initiieren können. Der Paradigmenwechsel ist in diesem Kontext konkret der, dass man die Wertigkeit im bestehenden föderalen System völlig verändert.
Es wären demzufolge nicht länger die Länder und der Bund, die das Sagen haben, sondern die Menschen in den Kommunen. Denn in den Kommunen leben und arbeiten alle Menschen und von den Zuständigkeitsgebieten der Kommunen geht ein Großteil der Finanzmittel aus, die das gesamte System tragen. Momentan ist es so, dass die Ertragssteuern zwar ortsgebunden sind, aber dennoch nur der kleinste Teil bei den Orten ankommt. Das wird damit erklärt und gerechtfertigt, dass eine übergreifende Solidargemeinschaft bestehen soll, auch seitens der steuerlichen Einnahmen. Doch tut sie das wirklich?! Ich denke, Nein! Diese Art der Solidargemeinschaft, die die GründerInnen unserer Bundesrepublik Deutschland einst im Auge hatten, ist durch die „parteipolitischen Selbstbedienungsläden“ ad absurdum geführt worden. Die Parteien haben die gesamte Gesellschaft inzwischen institutionell und personell durchdrungen und wie ein Krebsgeschwür okkupiert und devastiert. Dieser Trend der Machtnahme durch parteipolitische Aktivitäten ist ubiquitär geworden und man bedient sich nachweislich ohne jeden Skrupel und unsolidarisch wie ein Parasit am Wirt an der Gesellschaft seitens der Parteien. Und genau dieses Phänomen ist auch einer der Gründe, dass ich mir Gedanken darüber mache, wie kann man es denn besser machen!?!
Ein wirklich guter Freund diskutiert zu diesem Thema regelmäßig mit mir und seine feste Überzeugung ist die, dass es kein besseres als das bestehende System gebe. Ich sehe das ganz anders. Es ist gibt stets etwas zu verbessern, auch und vor allem hinsichtlich der hier besprochenen inhaltlichen Tatbestände. Auch wenn ich ganz sicher niemanden versuche, davon zu überzeugen, so dokumentiere ich dennoch meine Gedanken dazu, denn ich glaube, dass die Zeit des Wechsels längst angebrochen ist.
Neuerdings können wir im Fernsehen einen guten Spruch in einer Autowerbung hören! „Es scheint immer unmöglich zu sein bis es jemand einfach macht!“
Richtig! So ist es.
Die Verstärkung und Sicherung der kommunalen Selbstverwaltung vor allem in Hinsicht auf die finanztechnischen und organisatorischen Regelungen ist in der hier gestellten Kombination von Instrumentierungen für mich ein ganz wesentlicher Verbesserungsansatz im Sinne einer Verbesserung der demokratischen Gesellschaft. Die Kommunen bedürfen wieder, vor allem in diesem Kontext der Änderung der demokratischen Gesellschaft, als grundlegende Ausstattung einer fiskalischen, entscheidungsorientierten und rechtlich abgesicherten Aufwertung. Sie sind meiner Meinung nach das Zentrum allen gesellschaftlichen Geschehens, ganz gleich wo auf der Welt. Immer sind des die Kommunen selbst, die den Ort des gesellschaftlichen Geschehens darstellen. Folglich müssen es auch die Menschen als EinwohnerInnen sein, die über das Wohl und Wehe ihrer Gesamtgemeinschaft entscheiden und nicht andere Ebenen in einer sich immer weiter von dem Ort des Geschehens entfernenden repräsentativen Ebene. Wenn sich dann in der Folge die vernetzte und rechtlich fair geregelte Solidargemeinschaft der Kommunen dazu entschließt, sich eine Landes- und Bundesebene zu leisten, dann nur unter den hier dargelegten Prämissen, dass nämlich eine höchst mögliche Transparenz der Repräsentations- und Administrationsebenen ebenfalls rechtlich gesichert vorhanden ist. Im Großen wie im Kleinen! So möchte man dieses neue Funktionsprinzip zusammenfassend abstrahieren. Wenn auf der kommunalen Ebene z. B. Instrumente wie DEMIT eingesetzt werden, um die Entscheidungsabläufe transparent, nachvollzieh- und vor allem kontrollierbar zu machen, dann gilt das erst recht auf den nächsten höheren bis hin zu den höchsten Ebenen der neuen demokratischen Gesellschaft. Immer müssen die BewohnerInnen wissen, was wer wann und wie entscheidet. Wenn die betroffenen BürgerInnen dann noch abstimmen können, dann wäre das ein Fingerzeig in die vermeintlich richtige Richtung.
Sollte sich so ein System evolvieren lassen, dann gäbe es folglich auch keine staatlich relevanten Entscheidungen mehr hinter verschlossenen Türen, schon gar nicht in Angelegenheiten, die die BürgerInnen unmittelbar und mittelbar betreffen. Es sind die Orte des Geschehens also die Kommunen – die die höchste Betroffenheit aufweisen und sie stehen im Fokus der neuen demokratischen Gesellschaft, nicht länger die Repräsentanzen. Die Repräsentanzen haben bis dahin und dann erst recht nach einem Umbau etwaige Entscheidungsabläufe ebenso transparent und kontrollierbar darzustellen wie die Orte, die Kommunen selbst. Und somit wird auch das zur Zeit bestehende Prinzip des Melkens der Steuerzahlerkuh sich umkehren in ein Prinzip des Gebens und Gebietens von unten nach oben und nicht wie zur Zeit, eines lauen und drögen Almosen Verteilens von oben nach unten obwohl Unten Oben erst ermöglicht hat.
Und dieses Geben und Gebieten von unten nach oben ist nur möglich, wenn scharf und stringent dafür Sorge getragen wird, dass die hier genannten Instrumente zum Einsatz kommen und wenn die zentrale Funktionsfähigkeit der Kommunen allgemein akzeptiert und dann institutionell und rechtlich geschützt wird. Die „neuen“ Kommunen verwalten sich weitestgehend selbst und sie entscheiden mit Hilfe von internetbasierten Instrumenten über die Form und die Art und Weise ihrer Vernetzungen, z. B. hinsichtlich der Kommunikations- und Verkehrswege, der Ver- und Entsorgung, der schulischen und beruflichen Ausbildungsstandorte, der gemeinsamen und kooperativen Entwicklung von Gewerbe- und industriellen Standorten. Denzentralisierung steht dabei im Fokus und nicht mehr wie bis jetzt Zentralisierung. Damit werden auch die unseeligen Zentralisierungsentscheidungen der global agierenden Industrien unterbrochen und ins Abseits gerückt, denn sie sind fortan nicht mehr staatstragend. Die Risiken der internationalen Bankenlobby als staatstragende Pfeiler werden nichtig und über kurz oder lang obsolet, da dezentral wirksame Raiffeisen und Volksbanken wieder in den Mittelpunkt von Geldsystemen rücken. Zudem können sich diese Wertransfergesellschaften dann auch mit regionalen und überregionalen Werttauschsystemen beschäftigen, die im Rahmen dieser hier noch vereinfacht dargestellten kommunalen Selbstverwaltung zu so etwas wie „bedingtem Wachstum“ führen, um Mehrwerte zu generieren, die dann aber – im Gegensatz zum heutigen Geld- und Wertesystem – auf wirklichen und „begreifbaren“ Werten bestehen.
Dies ist ein Ansatz, nicht mehr, nicht weniger.